Wiki-Watch

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Der folgende Textabschnitt basiert auf dem Artikel „Wikiwatch“ aus Pluspedia, gelesen am 7.11.18, und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung). In der Pluspedia ist auf der genannten Seite eine Liste der Autoren verfügbar. -- Textanpassungen und -änderungen sind möglich.

Wiki-Watch ist eine wissenschaftliche Einrichtung an der renommierten Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), die sich kritisch mit der Qualität von Wikipedia-Artikeln befasst und Wikipedia-Opfern Rat und Hilfe anbietet sowie die Öffentlichkeit über Wikipedia sachlich aufklärt.

Trägerschaft und Organisatoren

Wiki-Watch ist der Kurzname für die Arbeitsstelle Wiki-Watch im Studien- und Forschungsschwerpunkt Medienrecht der Juristischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Die Arbeitsstelle wird aus Drittmitteln und Spenden finanziert.[1] Leiter des Projektes ist der Jurist und Historiker Johannes Weberling, Hochschullehrer an der Viadrina,[2] daneben ist er Rechtsanwalt mit den Schwerpunkten Medien- und Arbeitsrecht.

Tätigkeitsfelder

Bewertung von Wikipedia-Artikeln

Die Artikelbewertung soll Lesern Anhaltspunkte für die Bewertung der Verlässlichkeit eines Artikels liefern[3][4] und erfolgt nach einem eigens entwickelten Algorithmus. Bewertet wird in den Artikeln die Anzahl der Autoren, Bearbeitungen, Anzahl und Qualität der Quellen, Exzellent- und Lesenswertstatus des Artikels, sowie Reverts und Konflikte um Inhalte.[5] Eine Anregung für die Wiki-Watch-Artikelbewertung ist nach Angaben des ZDF die Schweizer Internetseite wikibu.ch, die seit Juni 2009 existiert[3], von der es sich aber durch die höhere Gewichtung der Quellenangaben[6] und die geringere Gewichtung der Besucherstatistiken unterscheidet. Darüber hinaus können zu jedem Artikel statistische Daten eingesehen werden, wie beispielsweise die Zugriffshäufigkeit auf die Seiten und wie oft der Artikel innerhalb der Wikipedia verlinkt ist.[5] Seit 23. Dezember 2010 werden in der Artikelbewertung von Wiki-Watch mit Hilfe der "WikiTrust"-API Textteile, die wenig vertrauenswürdig sind, weil sie von wenig vertrauenswürdigen Autoren bearbeitet wurden, gekennzeichnet, indem sie orange hinterlegt werden.

Kritisiert wird von der FAZ, dass bei Wiki-Watch keine öffentliche Überprüfung stattgefunden hat, ob die verwendeten Verlässlichkeitskriterien tatsächlich ein guter Indikator sind.[7] Ebenfalls wird kritisiert, dass die Wiki-Watch-Bewertung nicht Wahrheit für sich beanspruchen könne. Dem entgegnet Wiki-Watch, dass es darum nicht ginge, sondern nur Anhaltspunkte für eine eigene Bewertung geliefert werden sollen, eine vereinfachte Prozedur der Bewertung für Laien, welche erfahrene Wikipedia-Nutzer durch Verfolgen der Artikelentstehung mit etwas mehr Aufwand selbst vornehmen könnten.[6]

Instrumente wie Wiki-Watch stellen gemäß der Medienwissenschaftlerin Daniela Pscheida einen Versuch dar, das „klassische Wissensideal“ innerhalb der Wikipedia durch Kontrollmechanismen zu stärken, während Anhänger einer neuen Wissenskultur in ihnen eine Beschneidung des partizipativen Potenzials sähen.[1]

Automatisierte Screenings

Wiki-Watch ist bekannt für seine Website, die eine automatische Bewertung von Wikipedia-Artikeln nach formalen Kriterien anbietet. Das Institut wurde 2010 von zwei Lehrbeauftragten gegründet. Durch die "Wiki-Watch"-Software werden in Echtzeit 5 Mio. Wikipedia-Artikel hinsichtlich der Anzahl von Belegen oder Artikelautoren auf erwartete "Plausibilität" (augenscheinliche Richtigkeit) automatisiert bewertet und statistische Informationen zu Wikipedia-Aktivitäten angeboten, unter anderem zu den zuletzt meistbearbeiteten Artikeln. Im begleitenden Wiki-Watch-Blog werden aktuelle Wikipedia-Themen journalistisch aufbereitet.

„Exklusiver Einblick“

Die „Exklusiver Einblick“ genannte Übersicht zeigt Listen mit den meist gelesenen, den am häufigsten editierten Artikeln, den stärksten Veränderungen, sogenannten Reverts, aktuell gesperrten Lemmata und Löschanträge. Zum anderen finden sich dort Informationen darüber, welcher Autor am meisten schreibt, Seiten sperrt oder Löschanträge stellt.[8] Diese Listen enthalten stündlich aktualisierte Zusammenfassungen von Daten aus der Wikipedia.[3]

Umfrage unter Administratoren im Oktober 2010

In die Öffentlichkeit trat Wiki-Watch zunächst mit einer nicht repräsentativen Befragung der Wikipedia-Administratoren.[9][10][11] Die Umfrage hatte eine Rücklaufzahl der Antworten von 21,4%, wurde aber nicht nach repräsentativen Kriterien ausgewertet.[12][13] Die meisten Medien fassten trotz der fehlenden Repräsentativitätsauswertung das Ergebnis zusammen, der „typische Administrator [sei] männlich, 40 Jahre alt und linksliberal eingestellt, arbeite täglich mehr als zwei Stunden in der Wikipedia und den meisten machte es keinen Spaß. 38 % klagen über einen rüden Umgangston“.[3]

Wiki-Watch-Blog

Im Wiki-Watch-Blog[14] arbeitet Wiki-Watch aktuelle Wikipedia-Ereignisse journalistisch auf.

Rezeption

Allgemeine Medien

Die Berichterstattung zur Internetplattform von Wiki-Watch begann ab dem 22. Oktober 2010 zunächst in Agenturmeldungen, die von verschiedenen Zeitungen übernommen wurden.[15][16][17][18] Seit dem wurde immer wieder über Wiki-Watch berichtet, auch über den deutschen Sprachraum hinaus.[19] Im Januar 2011 erschienen weitere Artikel im österreichischen Standard[20] und in der Frankfurter Neuen Presse.[21] Mit der Einführung der neuen Domain Wiki-Watch.org für die englischsprachige Wikipedia am 13. Januar 2011 wurde inzwischen in englisch, russisch, slovakisch und spanisch über Wiki-Watch berichtet, inzwischen ist noch niederländisch dazu gekommen.[22] Das ZDF Mittagsmagazin interviewte den Mitbegründer Wolfgang Stock.[23] Mitglieder von Wikimedia-Vereinen wie Christoph Breitler oder Friedhelm Greis äußerten sich positiv über Wiki-Watch.

Im Juni 2011 schrieb Jörg Wittkewitz, ein der atheistisch-skeptizistischen Sekte GWUP nahestehender[24] freier Journalist, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mehrere fragwürdige Artikel über einen der beiden Leiter, Wolfgang Stock, die alle aufgrund der Nichteinhaltung journalistischer Standards wieder aus dem Netz genommen wurden.[25] Viele Medien übernahmen diese Kritik.[26] Die Universität betonte, dass die Vorwürfe gegen Stock „nachweislich falsch“ waren. Nachdem eine gerichtliche Auseinandersetzung noch andauerten, trat Wolfgang Stock als Leiter der Arbeitsstelle zurück, blieb aber Mitarbeiter. An seiner Stelle ist seitdem Johannes Weberlin alleiniger Leiter.[2]

Wikipedia

Während Wiki-Watch in der drei Mal so großen englischsprachigen Wikipedia einen eigenen Artikel hat und sogar im Mai 2011 auf dort der Hauptseite platziert wurde[27] waren die Administratoren der deutschsprachigen Wikipedia von Wiki-Watch nicht begeistert. Sie halten bisher einen Wikipedia-Artikel über Wiki-Watch nicht für „enzyklopädisch relevant“.[6] Das ZDF bezeichnete diese Löschung als „pikant“.[3] Auch in der TAZ wurde die Löschung des Artikels thematisiert und die Administratoren als mürrisch eingeschätzt, weil sie den Artikel wegen "Relevanzproblemen" in den „virtuellen Papierkorb“ befördert hätten.[28] Die Frankfurter Allgemeine meint, gerade daran, dass der Wiki-Watch-Artikel von Wikipedia sofort wieder gelöscht wurde, könne man sehen, dass Wiki-Watch ein wichtiges Instrument zur kritischen Beobachtung der Wikipedia sei.[29]

Rechtliche Vorsorge

Gegenwärtig ist ein juristisches Vorgehen gegen Wikipedia in Deutschland wegen unlauteren Inhalten aufgrund der Wiki-Immunity in der Regel aussichtslos. Da die Wiki-Immunity jedoch "nur" die Folge von Musterurteilen ist, empfiehlt es sich, problematische Inhalte zu sichern. Dies geht zum Beispiel über sogenannte Screenshots, eine Speicherung im Webarchiv oder notfalls auch durch das Abfotografieren und/oder Ausdrucken des betroffenen Wikipedia-Artikels. Diese Beweissicherung kann bei einer möglicherweise in der Zukunft geänderten Rechtslage hilfreich sein, die entsprechenden Autoren bzw. die Wikimedia Foundation straf- und zivilrechtlich verfolgen zu lassen.

Ähnliche Projekte, die sich mit Wikipedia beschäftigen

Wikiscanner versucht die Autoren der Artikel herauszufinden und zu präsentieren. WikiBu verfolgt ähnliche Ziele wie die Wiki-Watch-Artikelbewertung, indem eine Bewertung der Artikel hinsichtlich Zuverlässigkeit der Informationen vorgenommen wird.[1]


Externe Verweise

PlusPedia

Weiterführende Artikel

Siehe auch

Quellen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Miriam Hollstein: Undurchschaubare Wissensmacht. In: Welt am Sonntag vom 31. Oktober 2010, S. 4.
  2. 2,0 2,1 dpa Wiki-Watch-Projekt wird fortgesetzt in: Focus Online vom 7. September 2011., gesehen 19. Dezember 2011.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Alfred Krüger: Aufpasser für Wikipedianer: Portal ‚Wiki-Watch‘ will Online-Lexikon durchsichtiger machen. In: heute online. ZDF, 3. November 2010, abgerufen am 4. November 2010.
  4. dpa: Wiki-Watch-Projekt – Externe Aufpasser wollen Wikipedia verbessern in FAZ vom 13. Januar 2011.
  5. 5,0 5,1 Wiki-Watch: „5 Sterne bei Wiki-Watch“ – Nach welchen Kriterien vergeben wir unsere formale Bewertung?, gesehen 19. Dezember 2011.
  6. 6,0 6,1 6,2 Ricarda Breyton: Alex zuverlässiger als Ku'damm in: Berliner Zeitung vom 29. Oktober 2010.
  7. Wiki-Watch: Wie funktioniert Wiki-Watch wirklich? vom 9. Juli 2011.
  8. Ben Schwan: Wissenschaftliches Projekt Wiki-Watch: Wikipedia von innen. In: taz. vom 27. Oktober 2010.
  9. Wiki-Watch: Umfrageergebnis in Langform (PDF).
  10. Wiki-Watch: Zusammenfassung der Umfrage im Wiki-Watch-Blog vom 22. Oktober 2010, gesehen 19. Dezember 2011.
  11. Markus Ehrenberg: Neues Online-Projekt – Wiki-Watch.de: Unter der Lupe vom 30. Oktober 2010.
  12. Europa-Universität Viadrina: Medieninformation Nr. 181-2010, abgerufen am 24. Oktober 2010.
  13. dpa: Mehr als zwei Stunden am Tag für die Wikipedia. In: Süddeutsche Zeitung. 22. Oktober 2010, abgerufen am 24. Oktober 2010.
  14. Wiki-Watch: blog.wiki-watch.de.
  15. dapd: WikiWatch geht online. Hessische Allgemeine, 22. Oktober 2010, archiviert vom Original am 24. Oktober 2010; abgerufen am 24. Oktober 2010.
  16. Miriam Hollstein: Die Kontrolle der Kontrolleure. In: Welt am Sonntag. 31. Oktober 2010, S. 4.
  17. Miriam Hollstein: Wikipedias unübersichtliche Wissensmacht. In: Die Welt. 31. Oktober 2010, S. 4.
  18. Ben Schwan: Wissenschaftliches Projekt Wiki-Watch: Wikipedia von innen. In: taz. 27. Oktober 2010.
  19. Wiki-Watch: Pressespiegel, gesehen 19. Dezember 2011.
  20. APA/dpa: Externe Aufpasser wollen Site verbessern vom 5. Januar 2011 im Standard.
  21. Peter Zschunke: Wiki-Watch schaut hinter den Vorhang. In: Frankfurter Neue Presse vom 11. Januar 2011, S. 5.
  22. Wiki-Watch: Press Review by languages, gesehen am 19. Dezember 2011.
  23. Wer? Wie? Was? – Wikipedia wird zehn! In: ZDF Mittagsmagazin vom 14. Januar 2011
  24. Hintergrundbericht
  25. Jörg Wittkewitz: Hier prüft der Bürger das Insulin noch persönlich. Die dubiosen Verstrickungen von Wiki-Watch. FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine), 1. Juli 2011, abgerufen am 1. Juli 2011. (Am 02. Juli 2011 wegen Ankündigung von juristischen Schritten seitens Wolfgang Stock und Johannes Weberling aus dem Netz genommen)
  26. mik: Zielkonflikt: Wikipedia-Autor arbeitet für Sanofi-Aventis, Spiegel Online vom 10. Juli 2011.
  27. Englische Wikipedia: Diskussionsseite des Artikels Wiki-Watch, Stand: 18:16, 21 Oktober 2011.
  28. Ben Schwan: Wissenschaftliches Projekt Wiki-Watch – Wikipedia von innen vom 27. Oktober 2010.
  29. Daniel Grinsted: Die Lotsen bleiben an Bord. Auch bei Wikipedia tobt der Streit um die Gorch Fock. in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 31. Januar 2011, S. 33.