Anamnese

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Der folgende Textabschnitt basiert auf dem Artikel „Anamnese“ aus Wikipedia, gelesen am 6.11.2018, und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung). In der Wikipedia ist auf der genannten Seite eine Liste der Autoren verfügbar. Änderungen möglich.

Die Anamnese (von altgriech. ἀνά aná, deutsch auf und altgriech. μνήμη mnémē, deutsch Gedächtnis, Erinnerung) ist die professionelle Erfragung von potenziell medizinisch relevanten Informationen durch Fachpersonal (z. B. einen Arzt). Dabei antwortet entweder der Patient selbst (Eigenanamnese) oder eine dritte Person (Fremdanamnese). Ziel ist dabei meist die Erfassung der Krankengeschichte eines Patienten im Rahmen einer aktuellen Erkrankung.

Die Anamnese ist die wesentliche Grundlage für das Stellen einer Diagnose und ist in allen medizinischen Disziplinen von hoher Bedeutung. Sie kann Fragen beinhalten z. B. nach Vorerkrankungen und Allergien, familiären Erkrankungen, Beruf, Medikamenteneinnahmen, Risikofaktoren, Sexualverhalten, Reiseverhalten und subjektiven Beschwerden.

Geschichte

Der folgende Textabschnitt basiert auf dem Artikel „Anamnese“ aus Wikipedia, gelesen am 6.11.2018, und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung). In der Wikipedia ist auf der genannten Seite eine Liste der Autoren verfügbar. Änderungen möglich. Im Corpus Hippocraticum kommt der Begriff „Anamnese“[1] nicht vor. Der hippokratische Arzt befragt den Patienten nicht systematisch, sondern nur sporadisch; die Krankengeschichte dient nicht der Diagnose, sondern der Prognose. Das erste Werk, das sich ausschließlich mit der Befragung des Kranken befasst, stammt von Rufus von Ephesos.[2]

Im Mittelalter spielt die Anamnese keine Rolle als Mittel zum Stellen einer Diagnose oder Prognose.[3] Erst Rhazes verwendet den Begriff wieder wie Rufus. Er beklagt, dass Ärzte Kenntnisse benutzen, die sie von Dritten über den Patienten erlangt hätten, um ihn mit vermeintlicher ärztlicher Erkenntnis zu verblüffen.[4] Erst Montanus fordert, der Arzt müsse „[…] mit dem Kranken selbst sprechen“, um alles zu erfahren „was für die Erkennung der Krankheit wichtig ist“. Damit wird erstmals die Anamnese mit der Diagnose verknüpft.

Das Erheben der Krankheits- und Krankengeschichte wird im 17. und 18. Jahrhundert zu einem festen und geforderten Bestandteil der Diagnose. Girolamo Cappivaccio[5] und Possevinus schreiben erste Monographie|Monographien, mit denen die Anamnese zur gezielten Anamnese wird.

Herman Boerhaave stellt in seinen Krankengeschichten die chronologisch geordnete biographische Anamnese vor den Untersuchungsbefund.[6] Für Georg Ernst Stahl und seine Anhänger ist die Anamnese eine Art Beichte, da „der Mensch für seine Sünden irgendwann krank wird“. Die Anamnese wird im ausgehenden Barock der Pathologie zugeordnet. Unwichtig ist, ob die Vorgeschichte durch Fragen oder anamnestische Zeichen und Symptome erkannt wird.[7] In Diderots Encyclopédie gehören die anamnestischen Zeichen zur Semiotik, gleichrangig mit den diagnostischen und prognostischen Zeichen.[8] Deutsche Abhandlungen zur Praktik des „Krankenexamens“ aus dem Zeitalter der Aufklärung verbinden Anamnese, kathartische Selbstdarstellung des Patienten und den aktuellen Status des Patienten.[9]

Johann Lukas Schönlein und Carl Reinhold August Wunderlich fordern im Gegensatz dazu, die subjektive Anamnese vom objektiven Befund zu trennen; dem Befund wird Priorität für die Diagnose zugewiesen.

Homöopathische Anamnese

In der Homöopathie ist die Anamnese oder Fallaufnahme ein ausführliches Gespräch zwischen Arzt und Patient. Der homöopathische Arzt, bzw die homöopathische Ärztin, der oder die HeilpraktikerIn betrachtet den kranken Menschen in seiner Ganzheit von Körper, Seele und Geist und berücksichtigt alle aufgetretenen Symptome zur Mittelfindung. Wir wählen eine Arznei für alle Beschwerden des Patienten aus.

Die homöopathische Anamnese in der heutigen Form wurde von Hahnemann entwickelt und besteht in einem ausführlichen und dokumentieren Gespräch zwischen BehandlerIn und PatientIn. Dabei wird die Gesamtheit von Körper, Geist und Seele berücksichtigt. Alle hier gesammelten Beschwerden dienen später der Mittelfindung des zutreffenden Einzelmittels.

Die homöopathische Medizin ist eine individuelle Medizin. Jeder homöopathische Behandler versucht, den kranken Menschen in seiner Gesamtheit zu erfassen und ihn so weit wie möglich in all seinen Eigenheiten zu verstehen und damit seine Erkrankung in einen persönlichen Zusammenhang zu bringen. Dafür ist ein ausführliches Gespräch = Erstgespräch, Erstannamnese zwischen Arzt und Patient notwendig. Der Patient wird ersucht, möglichst frei und ungezwungen davon zu sprechen, was ihn bewegt.
Besprochen werden nicht nur die Krankheitssymptome, sondern auch sein familiäres und berufliches Umfeld, Belastungssituationen, Stimmungslage etc. Alle auftretenden Symptome sind interessant – egal ob physischer, psychischer oder geistiger Natur. Abgefragt werden z. B. Appetit, Durst, Beschaffenheit von Haut, Harn, Stuhl, Schweiß, Zittern, Schwäche, Abgeschlagenheit, Abneigungen, Schlaf und Träume, Menstruation und vieles mehr. Dazu kommen die Wahrnehmungen und Beobachtungen durch den Arzt. Die körperliche Untersuchung vervollständigt das Bild.

Fußnoten

  1. Robert Herrlinger: Anamnese. In: Ritter (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Stuttgart/Basel 1971, Band 1, S. 262 f.
  2. ἰατρικἁ ἐρωτήματα, hg. Gärtner, bes. § 2, S. 25. Zitiert nach Herrlinger
  3. O. Temkin: Studien zum „Sinn“-Begriff in der Med. Kyklos, Jb Inst. Gesch. Med. Leipzig 2, 1929, S. 48 f. Zitiert nach Herrlinger
  4. J. Steudel: Zur Gesch. der A. In: Ciba Symp., 5, 1958, S. 183. Zitiert nach Herrlinger
  5. G. C. Cappivaccio: Opera omnia quinque sectionibus comprehensa. Hrsg. J. H. Bayer (1603). Zitiert nach Herrlinger
  6. H. Boerhaave: Aphorismi de cognoscendis et curandis morbis. Rotterdam 1737. Zitiert nach Herrlinger
  7. O. Temkin: Studien zum „Sinn“-Begriff in der Med. Kyklos, Jb Inst. Gesch. Med. Leipzig 2, 1929, S. 57. Zitiert nach Herrlinger
  8. signe. In: Band 31. Zitiert nach Herrlinger
  9. G. Müller: Die Fragen des Arztes an den Kranken. Diss. med. Kiel 1967. Zitiert nach Herrlinger