Ähnlichkeitsprinzip

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Similia similibus curentur (lat.) – Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt.” So lautet der berühmte Satz von Samuel Hahnemann, der auch als Simile-Prinzip bezeichnet wird.

Das Ähnlichkeitsprinzip (oder Simile-Regel, Simile-Prinzip) ist eine Grundregel der Homöopathie.[1] Nur jenes homöopathische Arzneimittel kann wirken, das in einer Prüfung am Gesunden (der homöopathischen Arzneimittelprüfung oder Homöopathische Arzneimittelselbsterfahrung, HAMSE) die ähnlichen Symptome hervorgerufen hat, an denen der Erkrankte leidet.

„Jedes wirksame Arzneimittel erregt im menschlichen Körper eine Art von eigner Krankheit, eine desto eigenthümlichere, ausgezeichnetere und heftigere Krankheit, je wirksamer die Arznei ist. Man ahme der Natur nach, welche zuweilen eine chronische Krankheit durch eine andre hinzukommende heilt und wende in der zu heilenden (vorzüglich chronischen) Krankheit dasjenige Arzneimittel an, welches eine andre, möglichst ähnliche, künstliche Krankheit zu erregen im Stande ist und jene wird geheilet werden; Similia similibus.“ (Samuel Hahnemann)[2]

 

Geschichte

Die Idee des Simile-Prinzips stammt nicht von Hahnemann.[3] In den „Etymologien“ des Isidor von Sevillaim 7. Jahrhundert wird es als Unterschied zu anderen Heilmethoden beschrieben[4]Ansatzweise findet es sich bereits im Corpus Hippocraticum und später in den Schriften des Theophrast von Hohenheim(Paracelsus):[5]

„Die Krankheit entsteht durch Einflüsse, die den Heilmitteln ähnlich wirken, und der Krankheitszustand wird beseitigt durch Mittel, die ihm ähnliche Erscheinungen hervorrufen.“(Hippokrates von Kos, 460 v. Chr. – um 370 v. Chr.) [6]

„Ähnliches wird durch Ähnliches behandelt und nicht Gegensätze durch Gegensätze.“ (Theophrast von Hohenheim, 1493–1541)[7]

Entdeckung durch Hahnemann

[8] Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, stieß auf dieses Prinzip, als er beim Übersetzen eines medizinischen Buches eine Behauptung über die Wirkungen von Chinarinde überprüfen wollte.[9] Er nahm sie ein und stellte an sich als Gesundem Symptomefest, die er von an Malaria Erkrankten kannte. Chinarinde war damals das übliche medizinische Hauptmittel gegen diese Krankheit. (Heute noch verwendet die nichthomöopathische Medizin chemisch modifizierte Extrakte aus der Chinarinde gegen Malaria Fußnote!) Hahnemann erlebte also an sich die Symptome, gegen welche die Chinarinde eingesetzt wurde – ausgelöst durch das Heilmittel selbst. Er experimentierte weiter, an sich und an Familienmitgliedern, und fand heraus, daß er auf ein allgemeines Prinzip gestoßen war,das bereits von Ärzten der Antike, Hippokrates etwa, und dem Arzt des späten Mittelalters, Paracelsus, formuliert worden war. Als gebildeter und belesener Gelehrter wird Hahnemann von den Ideen seiner Vorgänger über Heilung durch Ähnliches gewußt haben. Es entsprach dem Geist seiner Zeit, daß er einer Behauptung erst vertraute, wenn er sie durch Untersuchungen bestätigt hatte. Hahnemann forschte weiter, prüfte neue Heilmittel und systematisierte die Ergebnisse. So verfeinerte er die Regeln seiner Heilweise und die Zubereitung der „homöopathischen“ Mittel, wie er sie nannte, damit sie seinen hohen Ansprüchen an "schnell, sanft und dauerhaft" wirkende Arzneien genügten.
Hahnemann formulierte 1796 das Ähnlichkeitsprinzip der Homöopathie in Form eines Postulats, veröffentlicht in Christoph Wilhelm Hufelands Journal der praktischen Arzneikunde. Er schrieb dazu in seinem Grundlagenwerk der Homöopathie, dem Organon der Heilkunst:

„Durch Beobachtung, Nachdenken und Erfahrung fand ich, daß im Gegentheile von der alten Allöopathie die wahre, richtige, beste Heilung zu finden sei in dem Satze: Wähle, um sanft, schnell, gewiß und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden für sich erregen kann, als sie heilen soll!“ [10]

Voraussetzungen für die Anwendung des Ähnlichkeitsprinzips in der Homöopathie sind zum einen die Kenntnis der Wirkung der homöopathischen Mittel (siehe „Homöopathische Arzneimittelprüfung“) und zum anderen die exakte Erfassung des Symptombildes des Patienten in der homöopathischen Anamnese.

Rolle des Ähnlichkeitsprinzips in der Homöopathie

Innerhalb der homöopathischen Theorie und Praxis nimmt das Simile-Prinzip die wesentliche Rolle ein, nicht jedoch – wie häufig angenommen – die Potenzierung. Die Gabe eines Arzneimittels ist dann als „homöopathisch“ anzusehen, wenn es gemäß dem Ähnlichkeitsgesetz verordnet ist, unabhängig davon, ob es sich um eine potenzierte Substanz handelt oder nicht.Umgekehrt gilt die Anwendung einer potenzierten Substanz ohne Befolgung der Ähnlichkeitsregel nicht als homöopathisch.

Similimum

Der Begriff des Similimum (lat. Superlativ zu Simile) bezeichnet das ähnlichst mögliche Mittel, also dasjenige, das zu einem Beschwerdebild die größtmögliche Ähnlichkeit aufweist und somit in der Lage ist, dieses vollständig und dauerhaft auszuheilen. Der Begriff ist innerhalb der homöopathischen Methodik umstritten und gehört in dieser Form nicht zum Kernbestand der homöopathischen Arbeit.

Weltanschauliche Einordnung

Das Simile-Prinzip stellt ein Postulat über einen Wirkungszusammenhang in der Welt dar und läßt sich bisher nicht auf andere naturwissenschaftlich formulierte Gesetzmäßigkeiten zurückführen oder mit diesen in Beziehung setzen. Was als „Ähnlichkeit“ bezeichnet wird, ist ein für den menschlichen Geist erkennbares und beschreibbares Muster, das sich jedoch nicht mathematisch abbilden oder durch Messgeräte erfassen läßt.
Es ist mit dem Analogie-Denkenverbunden und mit der Signaturenlehreverwandt, die jedoch als vermeintliche Grundlage der Homöopathie bereits von Hahnemann abgelehnt wurde.

 

Fußnoten:  

  1. Ähnlichkeitsbeziehungen aus unserem Alltag: der stimulierende Kaffee kann das Mittel gegen Schlaflosigkeit sein und die Zwiebel als homöopathische Arznei zubereitet, kann einen Schnupfen heilen, bei dem die Augen tränen und ein wässriges, wund machendes Nasensekret entsteht.
  2. Versuch über ein neues Prinzip zur Auffindung der Heilkräfte der Arzneisubstanzen, nebst einigen Blicken auf die bisherigen. In: Christoph Wilhelm Hufeland (Hrsg.): Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst. Zweiter Band, 1796.
  3. Annemarie Maier: Der Ähnlichkeitsgedanke vor Hahnemann. Medizinische Dissertation Freiburg im Breisgau 1944.
  4. Bernhard Dietrich Haage: „curatio aut ex contrariis, aut ex similibus“ (Isidor, Etymologien, IV, IX,5). Zu ‘Parzival’ 489,22–490,30. In: Martin Ehrenfeuchter, Thomas Ehlen (Hrsg.): „Als das wissend die meister wol“. Beiträge zur Darstellung und Vermittlung von Wissen in Fachliteratur und Dichtung des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Walter Blank zum 65. Geburtstag. Frankfurt am Main 2000, S. 163–168.
  5. Robert Jütte: Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute. C.H. Beck Verlag, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 180.
  6. Mathias Dorcsi: Homöopathie heute, Rowohlt Taschenbuch, Reinbek 1996
  7. Robert Jütte: Simile-Prinzip. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. de Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1332 f.
  8. Abschnitt aus Wichmann, Jörg: Die andere Wirklichkeit der Homöopathie, Verlag Neue Erde 2001, S.14
  9. Georg Bayr: Hahnemanns Selbstversuch mit der Chinarinde 1790. Die Konzipierung der Homöopathie. Haug, Heidelberg 1989, ISBN 3-8304-0210-4.
  10. Samuel Hahnemann: Organon der Heilkunst. 6. Auflage, Einleitung